Diese Klassen werden nach dem allgemeinen "Lehrplan der Volksschule" in Kombination mit dem "Lehrplan der Sonderschule für blinde Kinder" geführt.
Besonders zu beachten sind die blindenspezifischen Übungen, die im Rahmen der verbindlichen Übungen durchgeführt werden können. Sie werden auf Grund der unterschiedlichen Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler nicht einer bestimmten Schulstufe zugeordnet. Die Auswahl und der Zeitpunkt des Einsatzes der Unterrichtsangebote erfolgen auf der Grundlage des jeweils individuellen Status der vorhandenen Sehschädigung. Der Unterricht kann sowohl in Form von fixen Wochenstunden als auch geblockt in Kursform oder ‑ sofern zweckmäßig ‑ integrativ im Rahmen der Pflichtgegenstände angeboten werden.
Diese Übungen dienen einerseits einer möglichst weit reichenden Kompensation des eingeschränkten Sehvermögens und unterstützen andererseits die Aneignung notwendiger Fähigkeiten und Fertigkeiten für eine weitgehend selbstständige Lebensbewältigung. Ausgehend vom Entwicklungsstand, dem Schweregrad der Sehbeeinträchtigung und den speziellen Bedürfnissen sind im vorgesehenen Rahmen jene Angebote in einem individuellen Ausmaß auszuwählen, durch die eine umfassende Förderung der einzelnen Schülerinnen und Schüler erzielt werden kann.
Um die beschriebenen Bildungs- und Lehraufgabe der Blindenspezifischen Übungen erfüllen zu können, sind deren Inhalte sowohl im Rahmen der dafür vorgesehenen Stunden zu vermitteln als auch fächerübergreifend im Unterricht zu berücksichtigen.
Die dargestellten Lehrstoffangaben bieten nur eine exemplarische Auswahl von Lehrinhalten an. Diese sind in der Planungsverantwortlichkeit der Lehrerinnen und Lehrer im Hinblick auf die Lebensbedeutsamkeit für die einzelnen Schülerinnen und Schüler auszuwählen bzw. entsprechend zu ergänzen.
Der Unterricht in Orientierung und Mobilität soll die Schülerinnen und Schüler dazu befähigen, sich in ihrer näheren und weiteren Umwelt zu orientieren, sich selbstständig, sicher und effektiv fortzubewegen, ihren Lebensraum zu erschließen und Alltagssituationen möglichst unabhängig bewältigen zu können.
Zur Bewältigung lebenspraktischer Aufgabenstellungen bedarf es gezielter, individuell angepasster Handlungsstrategien durch den Unterricht in lebenspraktischen Fertigkeiten. Diese sind wesentliche Voraussetzungen für eine selbständige Organisation des Alltags sowie für sicheres Auftretens in der Öffentlichkeit und erleichtern dadurch die soziale Integration.
Verschiedene Faktoren, wie Lichtverhältnisse, Kontraste, subjektives Allgemeinbefinden usw. beeinflussen das Sehvermögen. Es ist daher wichtig, noch vorhandenes Sehvermögen optimal zu nützen und geeignete Sehhilfen durch Low Vision Übungen kennen zu lernen und einzusetzen.
Da blinde und hochgradig sehbehinderte Schülerinnen und Schüler nicht automatisch besser und differenzierter hören als sehende kommt der Hörerziehung besondere Bedeutung zu. Viele Geräusche können nicht einer bestimmten Tätigkeit oder einem bestimmten Gegenstand zugeordnet werden, weil sie als akustische Information allein noch keine eindeutigen Hinweise liefern. Die Schülerinnen und Schüler müssen lernen, unbestimmtes Hören in aktives Zuhören umzuwandeln. Gezielte Übungen helfen dabei, Geräuschquellen zu orten, zu unterscheiden und Informationen aus den akustischen Stimuli zu gewinnen. Dies sind sowohl wesentliche Voraussetzungen für Orientierung und Mobilität als auch im Rahmen konkreter Umwelterfahrungen.
Bei der Blindenspezifischen Übung Tasterziehung sind folgende Aspekte besonders zu beachten:
Das im wahrsten Sinn des Wortes „hautnahe“ Erleben ist von intensivem, subjektivem Reiz und hat damit großen Einfluss auf Gefühle und seelische Haltungen. Die daraus resultierenden Vorstellungen über die Umwelt sind von hoher Subjektivität mit starker emotioneller Färbung.
Häufig führt diese Verarbeitung der Tasteindrücke zu einer weniger genauen Vorstellung über Material, Größe, Funktion und räumliche Beziehungen der erkundeten Objekte. Es entsteht eine andere Bewertung und Gliederung der erfassten Strukturen, was zu einem geringeren realen Anschauungswissen führen kann. Daher ist die Sensibilisierung des Tastsinnes durch geeignete und wiederholte Übungsangebote zu fördern.
Blinden- und sehbehindertenspezifische elektronische Hilfsmittel stellen besonders wichtige Kommunikations-, Informations- und Arbeitsmedien dar und tragen wesentlich zum Abbau bestehender Barrieren bei bzw. eröffnen den Schülerinnen und Schülern erst die Möglichkeit, ihren Erfahrungsraum zu erweitern sowie aktiv und ungehindert an Lernprozessen teilzunehmen. Die Aneignung von Kompetenzen bei der Verwendung von Computern, Anwendungsprogrammen und Kommunikationseinrichtungen sowie anderen behinderungsspezifischen Medien ist für blinde oder hochgradig sehbehinderte Schülerinnen und Schüler eine wesentliche Schlüsselqualifikation sowohl für die Bewältigung schulischer als auch künftiger beruflicher und gesellschaftlicher Anforderungen.
Einsatz und Auswahl der entsprechenden Technologien orientieren sich an den Voraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler.
Bei blinden oder hochgradig sehbehinderten Schülerinnen und Schülern ist besonders darauf zu achten, dass - ausgehend von der realen Sachbegegnung über das Modell bis hin zur zweidimensionalen Darstellung - Inhalte veranschaulicht werden. Wiederholtes Anbieten von Tasterfahrungen und präzises Verbalisieren sind von zentraler Bedeutung. Der Erwerb grundlegender und sachlich richtiger Begriffe ist zu gewährleisten.
Die Grundsätze der Lebensbezogenheit und der Anschaulichkeit verlangen, dass der Unterricht nach Möglichkeit von der konkreten Erlebniswelt der Schülerinnen und Schüler ausgeht und zu dieser auch wieder zurückführt Veranschaulichung verlangt, dass die Lehrstoffe den Erfahrungen der Kinder und Jugendlichen zugänglich gemacht werden sollen. Dies kann auf der Ebene der Sinneswahrnehmungen oder auf der Ebene der Vorstellungen geschehen. Inhalte können zum einen dadurch konkret erfahrbar gemacht werden, dass man sie ihrer Art entsprechend, zB durch Tasten, Hören usw., zugänglich macht, zum anderen, dass man sie durch Beispiele bzw. durch Nutzung der Informationstechniken vergegenwärtigt. Wo es für das Lernen sinnvoll erscheint, soll es mehr- bzw. vielsinnig angeregt werden. Von diesen Erfahrungen ausgehend, sollen die Schülerinnen und Schüler zum Denken und zur Abstraktion geführt werden. Lernprozesse des Erkennens und Verstehens, des Denkens und Abstrahierens werden oft durch die Auseinandersetzung mit der konkreten Wirklichkeit, oft aber auch durch Nachbildungen, Abbildungen oder Symbole ermöglicht.
Die Lehrerin bzw. der Lehrer soll Lerngelegenheiten arrangieren bzw. aufgreifen, die das soziale, kulturelle und naturhafte Umfeld der Schülerinnen und Schüler und der Schule, die Alltagssituationen oder aktuelle Ereignisse bieten. Sie bzw. er ist angehalten, den Kindern und Jugendlichen die Bedeutsamkeit und Sinnhaftigkeit der Lehraufgaben und Lehrstoffe für ihr gegenwärtiges und zukünftiges Leben zu vermitteln. Im Sinne des exemplarischen Lernens sind möglichst zeit- und lebensnahe Themen zu wählen, durch deren Bearbeitung Einsichten, Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Methoden gewonnen werden, die eigenständig auf andere strukturverwandte Probleme und Aufgaben übertragen werden können. Die Materialien und Medien, die im Unterricht eingesetzt werden, haben möglichst aktuell und anschaulich zu sein, um die Schülerinnen und Schüler zu aktiver Mitarbeit anzuregen.
Die Lebensbezogenheit drückt sich auch in der Verbundenheit der Schule und des Unterrichts mit dem Leben außerhalb der Schule aus. Begegnungen mit Fachleuten, die in den Unterricht eingeladen werden können, sowie die Einbeziehung außerschulischer Lernorte bzw. die Ergänzung des lehrplanmäßigen Unterrichts durch Schulveranstaltungen stellen wesentliche Bereicherungen dar. Den neuen Technologien kommt verstärkt Bedeutung zu.